# 26

Zwischenzeitlich war Tiberia in Lydius eingetroffen, und ihr Gefährte hatte nicht weniger als fünf stämmige Hünen als ihre Schutzbegleiter abbestellt. Ein weiterer Angehöriger des Hauses Crispus fand sich ebenfalls in Lydius ein, und Gelasia hätte diesen bei dessen euphorischer Begrüssung am liebsten gleich wieder dahin zurück gewünscht, wo der Pfeffer wächst.


Als es wild an der Eingangstüre hämmerte, raste Gelasia nach oben, um zu öffnen. Einer priesterlich-göttlichen Eingebung folgend, hatte sie sich noch kurzerhand die Badebürste geschnappt, die allerdings eigentlich zu einem anderen Zweck im oberen Stockwerk landen sollte. Doch als statt eines freundlichen Gesichtes eine Faust im Türrahmen auftauchte, die sie mitten auf ihre Hakennase traf, stellte sich die Bürste als hilfreiche Verteidigungswaffe gegen den unerwarteten Angriff heraus. Niemand geringeres als Egil, der Nordmann, hatte es wieder einmal mit seiner tölpelhaften Ungeschicktlichkeit geschafft, sie beinah in die Stadt des Staubes zu schicken. Die Begrüssung der beiden fiel entsprechend mit verbalen Entgleisungen aus, wie man es zu den besten Zeit aus Victoria schon zur Genüge kannte.


Gegen diese kurze aber heftige Episode fielen die nächsten Tage geradezu unaufregend aus. Gelasia lernte nach und nach die Einwohner Lydius' kennen und hatte ihre liebe Not, sich all die neuen Namen und Gesichter einzuprägen. Doch sie schlug sich tapfer. Lucia versuchte derweil, sich ins Gespräch zu bringen und in der Stadtpolitik mitzumischen, indem sie sich mit ihrem Konkurrenten Bamoa auf einen verbalen Schlagabtausch in aller Öffentlichkeit einließ. Dabei schoss sie jedoch den Tarn ab, indem sie den unverblümten Vorschlag vorbrachte, Neuwahlen für die Händlerkaste anzusetzen. Natürlich spekulierte sie auf den Posten des Kastenersten, oder aber zumindest darauf, ihren Stand innerhalb der Kaste deutlich zu verbessern. Bamoa war für diesen Vorschlag alles andere als zu begeistern.


Trotz der Widerstände gelang es Lucia, den Prätor schlussendlich davon zu überzeugen, in das palastartige Sklavenhändlerhaus einziehen zu dürfen. Auch dieses Gebäude erstrahlte innerhalb kürzester Zeit in neuem Glanz, und Lucia war stolz auf ihren Erfolg, um sich nun endgültig in eine erfolgreiche Wiederaufnahme der Geschäfte stürzen zu können. Dann aber wendete sich das Blatt unerwartet und mit weitreichenden Folgen gegen Lucia, und damit das gesamte Haus Crispus. 


Weil sich kurzzeitig ein ortsfremder Rarius mit einem Gladius im Sklavenhaus aufhielt, sah sich Lucia zu ihrer Überraschung und zum Entsetzen aller Hausangehörigen plötzlich mit dem Vorwurf der Spionage konfrontiert. Diese Anschuldigung brachte kein geringerer als der Prätor höchstpersönlich vor. Kurzerhand wurde Gelasias Herrin vom Statthalter unter Arrest gesetzt, und durfte die Stadt bis auf weiteres nicht verlassen. Lucias Zustand hatte sich unter diesem Druck insofern rapide verschlechtert, dass sie kaum noch einen Fuss vor die Türe setzte. Auf ihren schwächelnden Vater, den jederzeit das Zeitliche segnen konnte, war in dieser Existenz bedrohenden Lage nicht zu zählen. 


Gleichzeitig fehlte von Lucias Schwester Cecilia immer noch jede Spur. Und so entsendete Lucia ihre treu ergebene Topfsklavin samt dem Wachmann Egil und der gewitzten Sklavin Fina auf die Reise nach Belnend in der Hoffnung, jemand habe dort von einem Lebenszeichen zu berichten. Tatsächlich konnten sie dort dank des Kommanders Bo mehr in Erfahrung bringen. Doch würde ihre Suche nach Cecilia nicht in Belnend enden, sondern sie vermutlich tief in den entlegenen Norden führen.

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