# 22

Kommt nach der Fenstersteuer der Solidaritätszuschlag? Manche Dinge scheinen sich niemals zu ändern. So zum Beispiel die schier unerschöpfliche Kreativität der Amtsinhaber und Beamtenschimmel, wenn es darum geht, das Geld anderer Leute in die eigenen Kassen zu spülen. 


Die Baratheen waren schon immer berühmt-berüchtigt für ihre seltsamen Ideen. Dillus, jüngster Spross der Familie, der noch in Victoria weilte, füllte diese Fußstapfen offenbar spielerisch gekonnt aus, aber vor allem leidenschaftlich gerne. Von Lucia erfuhr Gelasia, dass Dillus als frischgebackener Quästor den Leitzins während oder nach der Zeit des Aufstandes kurzerhand angepasst haben musste, und zwar zu einem horrenden Satz. Ursprünglich schuldete Lucia Dillus noch 2 Gold. Nun aber wollte er 6 Gold. Gelasia war schockiert, und Lucia zögerte nicht lange, sondern suchte sich anwaltlichen Rat und Beistand.

Gleichzeitig prangte vor Dillus' Schreiberräumen ein mit schnörkeliger Schrift verzierter Anschlag, dass die Bürger Victorias ihr gesamtes Vermögen gegenüber der Stadt offen zu legen hatten. Gerüchte kursierten, dass in Zukunft statt des christlichen Zehntels an Abgaben das teuflische Viertel eingetrieben werden würde, um das Vermögen gerechter zu verteilen. Solidaritätszuschlag eben. Ein schönes Wort war es allemal. 

Gelasia war über diese Gerüchte allerdings mehr als beunruhigt. Hatte es Lucia doch mühsam geschafft, einen neuen Ludus errichten zu lassen, so dass sie alle endlich wieder ein Dach über dem Kopf hatten. Und all das hatte Lucia ohne die Hilfe von Gaius gemeistert, der es angeblich bevorzugte, irgendwelchen Vergnügungen in Rovere nachzugehen. Doch jetzt sollte ein weiteres finanzielles Desaster wie ein Damoklesschwert über ihnen schweben? Was würde das für Gelasia bedeuten, wenn Lucia eines Tages wie eine Weihnachtsgans ausgenommen werden würde? Müsste Lucia sie dann verkaufen? Wo würde sie landen? 

Für Gelasia war klar, egal, was sie täte, sie würde ihre Herrin bei allem unterstützen. Fürchtete sie sich durchaus davor, dass sie bei anderen Besitzern landen könnte, bei welchen sie es nicht so gut hätte, wie bei der resoluten, aber immer fair gebliebenen Lucia. Gelasia hatte auch schon die erste Idee. Denn wer angeben musste, wie viel Vermögen er (noch) hatte, der sollte auch angeben dürfen, welche außergewöhnlichen Belastungen aus dem Aufstand und dessen Folgen resultierten. Ein Einkommenssteuerausgleich sozusagen. Jetzt lag es nur noch daran, diese Forderung wie einen Samen in das Hirn der richtigen Leute einzupflanzen, bis sie diese Idee für ihre eigene hielten und lautstark vertraten.



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